Das Pedelec hat Macken

Das Pedelec hat Macken

Die seinerzeitige Probefahrt wie auch die ersten Arbeits- und Freizeitfahrten mit dem Pedelec waren soweit ok. Bei den Dunkelfahrten war mir direkt am ersten Tag aufgefallen, dass die Vorderlampe viel zu schwach und klein dimensioniert war. Man sah nichts. Der Weg vor dem Vorderreifen wurde überhaupt nicht ausgeleuchtet. Hätte ich die Strecken nicht schon gekannt, die ich fahren musste, wo keine Straßenlaternen für Beleuchtung sorgten, hätte ich schieben müssen. Und es war immer die Hoffnung dabei, dass nichts Großes auf dem Radweg oder der Straße lag.

Die erste Maßnahme, die mir Geld kostete, war, dass ich einen vernünftigen Strahler vorne montierte. Danach war das Fahrgefühl besser und ich fühlte mich auch etwas sicherer. Für ein solch teures Pedelec hätte ich mir eine bessere Vorderlampe gewünscht. Meine Bewertung: Fehlkonstruktion.

Es kam aber noch etwas schlimmer, wenn ich den Preis zu Grunde lege, den ich für das Rad bezahlt habe. Ende Januar / Anfang Februar hatte es relativ viel geregnet. Die Regenfahrten machen mir nichts aus. Ich habe Regenkleidung, Neopren-Schuhüberzieher und regenfeste Handschuhe. Alles kein Problem. Bei feuchtem und nassem Wetter bleibt an den beiden Mänteln einiges vom dem hängen, was so auf der Straße herumliegt und bei trockenem Wetter nicht auffällt. Nun aber fuhr ich durchweg mit einem Scheuergeräusch am Hinterrad durch die Weltgeschichte. Mir war aber klar, was es sein konnte.

Und richtig. Es kam nun die zweite Fehlkonstruktion zum Vorschein. Damit die Kabel für das Rücklicht nicht außen zu sehen waren, hatte man diese einfach im Schutzblech des Hinterrades verlegt. Das Schutzblech ist aber so nahe am Mantel, dass selbst aufgenommene Sandkörner direkt Kontakt zum Kabel bekamen. Abgesehen davon, dass so ein Geräusch absolut nervtötend ist, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Kabel durchgescheuert sein würde. Und damit wäre das Rücklicht dunkel. Der Radhändler, dem ich dieses Dilemma sofort meldete, war so freundlich und hat das Kabel außen verlegt. Danach war das Scheuergeräusch bei Regen und/oder nassen Straßen fast weg. Dann und wann taucht es nochmal auf, wenn zuviel Dreck aufgenommen wird. Schutzblech und Mantel sind m.E. zu eng aneinander. Meine Bewertung: Fehlkonstruktion.

Ein weiterer Kritikpunkt, immer bezogen auf den recht hohen Preis des Pedelecs, ist die Klingel. Es ist ein Kingelchen und kostete wahrscheinlich zwischen 2 und 3 Euro. Wer mit einem Pedelec fährt, fährt automatisch schneller als mit einem Rad ohne Motorunterstützung. Das ist einfach so und ich musste das auch lernen und vor allem einsehen. Bei den vielen Verkehrsidioten, die die Straßen bevölkern, muss man permanent klingeln. Und hier ist, auch auf Grund der höheren Geschwindigkeit, eine laute Klingel unabdingbar. Ich habe mir selber eine lautere Klingel gekauft, um die Leute auf ihr verantwortungsloses Verhalten hinzuweisen. Meine Bewertung: Fehlkonstruktion.

Ein absoluter Minus, wenn auch eher keine Fehlkonstruktion (oder doch), ist das Fehlen der Vorrichtung für einen Flaschenhalter. Mit Mühe und Not kann man einen Klemmhalter anbringen, der eine 750-ml-Flasche halten kann. Trinken beim Radfahren, auch mit Motorunterstützung, ist bei langen Strecken äußerst wichtig. Und der Panther (!!) ist eher ein Sportrad als ein Rad für ältere Senioren, die nur mal ein bisschen durch die Gegend radeln wollen.

Das nächste Erlebnis hat mir fast einen Herzinfarkt eingebracht. Es geht um eine weitere Fehlkonstruktion und einen Materialfehler, für den wohl der Radhersteller nichts kann. Folgendes war passiert (ist etwas ausschweifend):

Nachdem ich ab dem 19.03. im Homeoffice war, bin ich, auch auf Grund von gesundheitlichen Beschwerden (kein Corona), für zwei Wochen nicht mehr mit dem Rad gefahren. Mir ging es einfach nicht gut. An einem schönen Samstag im April setzte ich mich aber wieder auf das Rad und fuhr ziellos durch die Gegend. Nach ca. 20 km, ich war ca. 10 km von zu Hause entfernt, zischte es am Hinterreifen und ich fuhr auf einem platten Mantel. Potztausend!

Das Pedelec hat wirklich ordentlich defektgeschützte Mantel von Schwalbe montiert. An meinem Tourenrad hatte ich diese Art seit 2007 montiert und danach nie mehr einen Plattfuß gehabt. Doch nun war es soweit. Der Hinterreifen war platt. Insbesondere beim Rennradfahren ist ein Reifenschaden hinten relativ oft anzutreffen, daher hatte ich genug Erfahrung, um guter Dinge zu sein, den Schaden schnell beheben zu können. Da ich aber alleine war, und das Pedelec gefühlt drei Mal so schwer war wie mein Rennrad, war der Ausbau des Hinterrades eine Qual. Der Ständer, der das Rad in einen absolut sicheren Stand bringt, ist so dämlich angebracht, dass man den Schnellverschluss nur dann öffnen kann, wenn der Ständer eingeklappt ist. Das Hinterrad mit einer Hand aus der Kette zu bugsieren, weil die andere Hand das schwere Rad im Gleichgewicht halten muss, ist großer Mist. Was für eine idiotische Konstruktion. Man glaubt es einfach nicht. Meine Bewertung: Fehlkonstruktion.

Und nun musste ich mich schwer wundern! Und das nicht nur dieses Mal. Es sollte sich noch drei Mal wiederholen.

Als ich endlich das Rad ausgebaut und den Mantel von der Felge hatte, prüfte ich erst, ob sich im Innern des Mantels noch ein Fremdgegenstand befand. Nö, da war nichts. Nichts zu fühlen.

Eine kurze Sichtprüfung am Schlauch ergab auch nichts, also wurde Luft in den Schlauch gepumpt. Ich lies die Außenseite, also die Lauffläche des Schlauches an meinen angefeuchteten Lippen entlang gleiten, um festzustellen, dass keine Luft entwich. Wie bitte?

Ich war wie vom Donner gerührt, als ich ca. 2 cm vom Ventil entfernt einen leichten Luftzug am verschwitzten Unterarm spürte. Das Ventil ist auf der Innenseite des Schlauches, liegt also in der Felge, quasi auf dem Felgenband. Und tatsächlich, da war ein Loch, eher ein Riss oder Schnitt. Wie konnte das sein? Man sah auch, dass an den beiden Enden der defekten Stelle der Schlauch angeritzt aussah. Mir war nicht klar, wie das sein konnte. Das konnte nur ein Fabrikationsfehler sein.

Schnell einen Flicken drauf, das Rad wieder zusammengebaut und liegend das Hinterrad gesetzt. Anders war es nicht möglich.

Leider hat das alles nur 2 km gehalten, danach war die Luft wieder raus und ich konnte nach Hause laufen und schieben - ca. 8 km.

Nun gut, zu Hause am nächsten Tag einen neuen Schlauch eingesetzt, nachdem ich Mantel als auch Felge und Felgenband geprüft hatte. Mir war aufgefallen, dass das Felgenband ein popeliges Plastikteil war. Wieder so ein Billigscheiß in einem so teueren Pedelec. Unglaublich. Auch wenn das nicht der Grund für das Dilemma war, ist es schon traurig.

Der nächste Ausflug mit dem Rad war dann optimal. Eine gute Tour von etwas mehr als 50 km brachte mir die Hoffnung, dass alles ok sein würde. Pustekuchen!

Die darauffolgende Tour war dann nach ca. 4 km zu Ende, denn ich gab wieder einen Plattfuß. Und wieder hinten. Das konnte nicht sein. Da es sich zuzog und nach einem heftigen Regenschauer aussah, fragte ich auf einem Pferdehof nach, ob ich zur Reparatur des Rades das Scheunenabdach würde nutzen können. Das wurde erlaubt. Sodann machte ich mich zum wiederholten Male an die Reparatur.

Der Ausbau war genauso elendig wie beim ersten Mal. Der Schaden war wieder am Schlauch, wieder auf der vermeintlichen Innenseite, allerdings nicht in direkter Nähe zum Ventil. Es gab aber wieder eine Art von Riss oder Schnitt. Flicken wollte ich nicht, also einen neuen Schlauch eingesetzt und das Hinterrad versucht einzubauen. Kaum hatte ich damit begonnen, fiel das Schaltauge aus der Verankerung. Alles lag zerteilt herum. Ich war kurz vor einem Zusammenbruch. Ich konnte noch nicht mal mehr nach Hause laufen. Die Dame von Pferdehof hatte schon angeboten, mich nach Hause bringen zu wollen. Das fand ich sehr nett, aber das Angebot konnte ich dann ablehnen.

Mir blieb nichts anderes übrig als beim Händler anzurufen und mein Malheur zu schildern. Denn das Rad musste zum Radhändler. Der Techniker war so nett und hatte mich abgeholt, was nicht üblich war, wie mir der Chef vom Radladen beim Abholen des Rades ein paar Tage später erklärt. Es war nicht amüsiert darüber. Aber ich hatte mein Rad wieder. Das war mir wichtig. Radläden mit Service gibt es auch woanders, wenn man mir schräg kommt.

Die darauffolgende Tour war wieder gut und mit über 70 km auch sehr weit. Keine Probleme!

An einem Sonntag, es war der 11.06.2020, machten meine Frau und ich einen gemeinsamen Radausflug. Das kommt selten genug vor. Auch auf dieser Tour, wie aus heiterem Himmel, zischte die Luft aus dem Hinterrad. Der dritte Plattfuß. Nun hatte ich vermeintlich Hilfe beim Ausbau des Hinterrades, aber meine Frau hörte nicht auf das was ich sagte, also machte ich alles alleine. Zum Glück klappte soweit alles gut, auch der Einbau. Die spätere Prüfung des Schlauches zeigte wieder einen Schaden in der Nähe des Ventils, einen kleinen Riss.

Also wieder zum Radhändler, den Schlauch als Beweismittel mit dabei. Vereinbart wurde, dass das Felgenband, selbst der Monteur schüttelte den Kopf über das Plastikzeugs, durch ein hochwertiges Felgenband ersetzt wurde. Ich kam mir schon bescheuert vor, weil mein toller Panther scheinbar fußlahm war.

Zwei Tage später konnte ich das Rad wieder abholen, trotz vieler Aufträge durch den coronabedingte Radboom, und ich ging mit einem positiven Gefühl auf die nächste Tour. Ich hatte noch einen Ersatzschlauch in meiner Satteltasche. Und der war auch bitter nötig.

Meine Tour war gut. Das Wetter war noch angenehm und ich befand mich auf dem Rückweg nach Hause, war aber noch 15 km entfernt. Ich musste in eine Straße abbiegen und zwar links. Also habe ich mich eingeordnet, die linke Hand ausgestreckt und indem ich links eingelenkte zischte es laut vernehmlich am Hinterrad. Beinahe hätte ich mich hingelegt und hätte wohl noch das Glück gehabt von einem Auto überfahren zu werden.

Plattfuß, der Vierte!

Ich war tatsächlich auf offener Straße den Tränen nahe und ein Herzinfarkt klopfte auch schon an der Pforte. Was sollte das? Was war los?

Und nun ging auch wieder alles schief. Schon beim Ausbau des Hinterrades fiel wieder das Schaltauge aus der Verankerung, obwohl eigentlich verschraubt. Ich war am Ende.

In meinem Elend rief ich wieder beim Radhändler an. Nun hatte ich den Chef selber dran, der ebenfalls nicht glauben konnte, was passiert war. Aber er hatte keinen Fahrer und konnte mich, auch wenn er wollte, nicht abholen.

Und so saß ich wohl ca. 10 Minuten am Straßenrand und versuchte mich zu beruhigen. Das gelang mir dann auch. Zunächst wechselte ich den Schlauch. Wieder war es ein Riss oder Schnitt auf der Innenseite des Schlauches in relativer Nähe zum Ventil. Und wieder sah man rechts und links der Schadstelle einen Kratzer oder wie man das bezeichnen könnte. Das Hinterrad war schnell wieder zusammengebaut, der Einbau dauerte dann aber. Mir war aufgefallen, dass die Schrauben, die das Schaltauge in der Verankerung halten sollten, locker waren. Eine Schraube war während meines Wirkens sogar wieder herausgefallen. Warum waren die beiden Schrauben locker?

Letztlich fummelte ich mit viel Mühe und noch mehr Schweiß das Hinterrad rein. Das Schaltauge wurde nur durch den Druck des Schnellspanners und meines Gewichtes beim Fahren fixiert. Die beiden Schaltaugenschrauben hatte ich in der Tasche.

Erst nach Hause, kurz umziehen und ein bisschen saubermachen, dann zum Radhändler, der selber nicht mehr wusste, was es sein konnte. Im  Grunde genommen blieb nur der Mantel übrig, der jetzt noch etwas mit den Plattfüßen zu tun haben könnte.

Des Rätsels Lösung!

Tatsächlich. Es war der Mantel. Wie das?

Der Mantel hat zwei Drahtreifen, die den Mantel in der Felge halten, sobald Druck aufgebaut ist. Diese Drahtreifen bestehen nicht aus einem Draht, sondern aus einigen feinen Drähten, die verzwirbelt sind. Und an eine Seite war einer dieser feinen Drähte gerissen und durchs das Mantelmaterial gedrungen. Und je nach dem wie ich auf dem Rad mein Gewicht durch Kurvenfahrten oder anderweitige Aktionen verlagerte, stach und schnitt dieser kleine Draht in den Schlauch. So war auch zu erklären, warum die Schadstellen an der Innenseite auftraten. Warum es drei Mal in der Nähe des Ventils war, war wohl absoluter Zufall.

Das Lösen der Schrauben, die das Schaltaugen an Ort und Stelle halten sollen, ist wiederum mit einer Fehlkonstruktion des Herstellers zu erklären. Sie sind schlicht und ergreifend zu kurz und halten der Bewegungsmechanik während des Fahrens nicht stand. Das Rad hat Eigengewicht, ich habe eine Satteltasche mit, die ca. 5 kg wiegen kann und ich selber bin mit 2 lustigen Zentnern am Start. Da kommt schon Druck auf. Aber dieser Druck muss ausgehalten werden, denn Bergabfahrten oder schnelle Kurvenfahrten bringen auch bei weniger Gewicht viel Druck auf bestimmte Stellen am Rahmen. Meine Bewertung: Fehlkonstruktion.


Seitdem der Mantel gewechselt wurde, bin ich ca. 1.400 km plattfußfrei gefahren. Das Fahren macht wieder Spaß, aber im Hintergrund fährt immer der Gedanke mit: Was ist, wenn es wieder einen Plattfuß gibt? Was blüht mir dann?

Die vielen Tausend Kilometer, die ich mit Touren- und Rennrad gefahren bin, haben nicht soviel Aufregung gebracht, wie die 1.300 km mit dem Pedelec bis zu diesem Mantelfiasko, das auch noch einiges an Fehlkonstruktionen zu Tage brachte.

Diese 5 Wochen waren schon fast traumatisch zu nennen. Der Radhersteller ist hier allerdings außen vor, was den Mantel betrifft. Davon gehe ich zumindest mal aus. Dafür kann er ja nicht, wenn der Mantel scheinbar einen Mangel hat.

Dennoch werde ich dem Hersteller noch eine Rückmeldung zu seinem Produkt geben. Für soviel Geld, für mehr als 2.000 Euro, sollte man meinen, ein qualitativ gutes Produkt erworben zu haben.

Leider habe ich von dem ganzen Geschehen nichts dokumentieren können, da ich mich zu diesem Zeitpunkt (Mai / Juni) selber schon auf dem absteigenden Ast befand. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte ich den tatsächlichen Grund vielleicht selber bemerkt.